Merkels Scheitern wird zum Kriegsrisiko

Warum jetzt niemand schweigen darf

Merkels Scheitern wird zum Kriegsrisiko
Armin Linnartz - CC-Creative Commons Wikipedia


Ich bin nur ein Stadtpolitiker in Frankfurt, dazu noch in der heißen Phase des örtlichen Kommunalwahlkampfes. Da bleibt eigentlich keine Zeit für die Betrachtung außen- oder gar weltpolitischer Probleme. Doch wenn diese dazu führen könnten, dass sich eine akute Kriegsgefahr entwickelt, ist der Blick über den eigenen Tellerrand nicht nur ratsam, sondern auch dringend geboten. Denn was nutzt auch die beste Kommunalpolitik, wenn die Gefahr einer internationalen Eskalation droht, die im Extremfall alles zerstören könnte, was fleißige Generationen aufgebaut haben?

Um konkret zu werden: Es droht im Syrien-Konflikt, der allein durch die Flüchtlingsmassen Deutschland so nahe gekommen ist, eine bewaffnete Konfrontation zwischen Russland und dem Nato-Mitglied Türkei. Niemand kann sagen, wie sich eine solche Konfrontation entwickeln würde, wenn sie kriegerisch ausgetragen werden sollte, was inzwischen keineswegs unwahrscheinlich ist. Es ist leider auch deshalb wahrscheinlicher geworden, weil Bundeskanzlerin Merkel ausgerechnet in der türkischen Hauptstadt Ankara ihr „Entsetzen“ über das militärische Eingreifen und Bombenangriffe Russlands in Syrien geäußert hatte. Allerdings basiert Russlands Intervention auf legitimer völkerrechtlicher Grundlage, weil mit Zustimmung der syrischen Assad-Regierung. Diese muss in Deutschland so wenig gefallen wie Putins Herrschaft in Moskau.

Aber so lange in Berlin beste Beziehungen zu religiös verbrämten autoritären Regimen wie Saudi-Arabien oder Katar gepflegt werden, ist es politische Doppelzüngigkeit, Assad und Putin zu verteufeln, Feudalherrscher mit riesigen Ölfeldern und großen Beteiligungen an deutschen Unternehmen aber zu hofieren. Doch was viel schlimmer ist: Die im Inland wie in der EU gescheiterte Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung hat zu einer verhängnisvollen Abhängigkeit Deutschlands von der islamistischen Erdogan-Regierung in der Türkei geführt. Diese Regierung sperrt Oppositionelle ein und führt in einigen Teilen ihres Landes einen blutigen Krieg gegen die kurdische Minderheit.

Beides war aber kein Thema beim letzten Bittbesuch Merkels in Ankara. Denn da ging es nur wiederum um Merkels wachsende Not, den Strom der über die Türkei in die EU und am liebsten nach Deutschland strebenden Flüchtlinge zu stoppen oder zumindest zu vermindern. Erdogan wäre nicht der Machtpolitiker, der er ist, wenn er diese Erpressungsgelegenheit nicht maximal ausnutzen würde. Soweit es dabei um Geld oder andere Zugeständnisse geht, ist das schon problematisch (und teuer) genug. Doch wenn es der türkischen Regierung sogar gelingt, die deutsche Bundeskanzlerin für ihr offenbar geplantes Syrien-Abenteuer zu instrumentalisieren, ist höchste Gefahr im Verzuge.

Das hat auch Außenminister Steinmeier (SPD) begriffen, der völlig zu Recht vor Merkels Idee warnt, in irgendeiner Weise die Nato beim Syrien-Konflikt ins Spiel zu bringen. Genau das ist offenbar aber das türkische Kalkül, um endlich den verhassten Assad zu Fall zu bringen. Angela Merkel hatte kein Recht, für Millionen Asylsuchende die deutschen Grenzen zu öffnen. Sie hat erst recht keinerlei Legitimation, hochgefährliche Auswege zu riskieren, um ihrem innen- und europapolitischen Scheitern in der Flüchtlingsfrage doch noch irgendwie zu entrinnen. Die Verwicklung der Nato, damit auch Deutschlands, in den Syrien-Konflikt mag im Kalkül bestimmter Kreise im Bündnis liegen. Es ist ganz gewiss im Kalkül Erdogans, der nicht nur mit den Kurden im Land, sondern auch erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Doch damit wäre die Konfrontation mit der Atommacht Russland programmiert.

Welchen Vorteil sollte Deutschland von einer solchen Eskalation haben? Ich unterstelle der Bundeskanzlerin keine kriegerischen Absichten. Aber die Geschichte der Entstehung gerade des 1. Weltkriegs hat gezeigt, wie rasch und verhängnisvoll die politischen Akteure in Situationen geraten, in denen es keinen friedlichen Ausweg mehr zu geben scheint. Angela Merkel ist auf dem Wege, Deutschland nun auch in ein außenpolitisches Abenteuer zu führen, weil ihr innenpolitisch der Boden unter den Füßen wegbrennt.

Wer in Deutschland politische Verantwortung hat, ob kommunal, landes- oder bundespolitisch, darf dazu nicht länger schweigen: Wir brauchen dringend eine Politik im deutschen und wohlverstandenen europäischen Interesse. Kriegerische Verwicklungen in den Syrien-Konflikt und türkische Erpressungen sind auf keinem Fall in diesem Interesse. Das muss die Bundeskanzlerin und die Berliner Regierung begreifen – oder abtreten.


Wolfgang Hübner

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