Der 22. März 1944 – Zerstörung der Frankfurter Altstadt
Vor 70 Jahren versank das Herz der Stadt in Schutt und Asche
Der westalliierte Bombenkrieg gegen das von den Nationalsozialisten beherrschte Deutsche Reich – legitim geführt als strategische punktuelle Bombardements auf kriegswichtige Zielobjekte, doch völkerrechtswidrig in Form von Flächenbombardements auf zivile Objekte, mit dem Ziel, die deutsche Bevölkerung moralisch zu brechen („Moral Bombing“) – erstreckte sich im Zweiten Weltkrieg über einen Zeitraum von fünf Jahren und ließ für die betroffenen Deutschen den Ausnahmezustand zum Kriegsalltag werden.
In der Nachkriegs-Gedenkkultur „besteht das zentrale Merkmal der kollektiven Erinnerung in der zeitlichen und räumlichen Verdichtung“, so dass in Frankfurt wie an anderen vom alliierten Bombenkrieg heimgesuchten deutschen Städten „in der öffentlichen Erinnerung die vielfältigen Erlebnisse und Erfahrungen aus zum Teil Dutzenden Angriffen in einem einzigen Datum ‚kondensiert‘“ (1) wurden. In Frankfurt ist dieses Datum der 22. März 1944: der Tag, an dem die historische Altstadt in Schutt und Asche gelegt wurde.
Frankfurt am Main war „aufgrund der Größe, geographischen Lage und kriegswirtschaftlichen Bedeutung“ (2) während des gesamten Krieges prioritäres Ziel alliierter Luftangriffe. Seit Herbst 1940 wurden gemäß einer polizeilichen Aufstellung aus der Nachkriegszeit 54 „planmäßige Angriffe“ und 15 Tieffliegerangriffe von alliierten Bomberverbänden auf die Stadt geflogen, wobei insgesamt 28.209 Tonnen Bomben abgeworfen und 5.559 Frankfurter getötet wurden. Annähernd 70 Prozent der Bausubstanz waren zerstört, über 1.000 Baudenkmäler vernichtet, die zehn Mainbrücken zerstört und von 177.000 Wohnungen (Stand: 1939) nur noch 44.000 übriggeblieben. (3)
Die alte Kaiserstadt gehörte damit zu den „am schwersten bombardierten deutschen Städte überhaupt“ (4) und wurde von den Behörden schon zu Kriegsbeginn als Luftschutzort I. Ordnung eingestuft. Hierauf begründet erfolgte seit den ersten Luftangriffen im Sommer 1940 (5) ein verstärkter Ausbau der Bunker- und Luftschutzsysteme, die noch einmal ab Herbst 1943 intensiviert wurden. Obgleich die Bewohner Frankfurts eine Vielzahl schwerer Großangriffe (6) erlitten, markierte der 22. März 1944 eine Zäsur: „Tausende von Groß-, Mittel- und Kleinbränden, die das ganze Stadtgebiet betrafen und insbesondere das historische Zentrum der Stadt um den Römerberg und den Domhügel zerstörten“ (7). Nach amtlichen Angaben setzten die Briten am 22. März 1944 nicht weniger als 42 Luftminen, zwischen 1.200 und 3.000 Sprengbomben, 12.000 Flüssigkeitsbomben sowie 1,2 Millionen Stabbrandbomben ein und zerstörten damit das historische Antlitz der mittelalterlich geprägten Altstadt. 1.000 Frankfurter wurden bei diesem Angriff getötet. (8)
Allein die Bombardements im März 1944 zerstörten mit rund zwei Millionen Stabbrandbomben den gesamten mittelalterlichen Häuserkranz um den Römerberg und den Domhügel, den gotischen Römer im Kaisersaal, die Alte Münze, die Paulskirche, das Steinerne Haus sowie das Schopenhauerhaus. Sprengmunition beschädigte das südliche Querschiff des Doms. Die Gebäude am Kornmarkt, am Hirschgraben und das Goethehaus stürzten in sich zusammen. 2.762 Großbrände zerstörten die Bausubstanz von 4.160 Wohnhäusern. „Frankfurt war zerstört: Ausgebrannte Ruinen säumten die Straßen. Der Stadtkern, insbesondere der Altstadtbereich, war ein einziges wüstes und gestaltloses Trümmerfeld. Rund 70% der Wohnhäuser waren zerstört, in der Innenstadt sogar 90 %. Die gotische Altstadt war ein einziges Trümmerfeld. Kein Haus stand mehr. Der Römer war völlig ausgebrannt. 80.000 Wohnungen waren zerstört. 160.000 Menschen wurden obdachlos.“ (9)
„Am 22. März war ‚Alt-Frankfurt‘, die Stadt sakraler Herrschaft und bildungsbürgerlicher Gelehrsamkeit, vernichtet worden“. (10) In den Worten des Frankfurter Kunsthistorikers Dr. Fried Lübbecke (1883-1965): „In zwei Stunden zerstörten die Engländer, was ein Jahrtausend erbaute.“ (11)
Sebastian Pella M.A.
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