„Kalusho“ ist im Nashornhimmel

Zoo-Attraktion litt an Altersschwäche und Einsamkeit

„Kalusho“ ist im Nashornhimmel
(Symbolbild) © Kevinsphotos/pixabay

Hübners Frankfurter Woche – Folge 105

Vor mehr als zwei Jahren hatten meine Frau und ich ein sehr anrührendes Erlebnis: Von der Terrasse unserer Wohnung direkt gegenüber der Mauer zum Zoo konnten wir am ersten warmen Frühlingstag beobachten, wie Frankfurts einziges Nashorn auf seinem trostlos öden Freigehege vergnügte kleine Sprünge machte und somit auf seine Weise die besseren Jahreszeiten für ein afrikanisches Spitzmaulnashorn begrüßte. So lebhaft hatte ich den Koloss mit dem Namen „Kalusho“ noch nie gesehen. Vielmehr war er mir immer als einsam und traurig in seiner alles andere als artgerechten Unterbringung erschienen.
 
Nun ist „Kalusho“ im hohen Nashornalter von 37 Jahren eingeschläfert worden, seine Kraft und Gesundheit reichten nach Ansicht der Verantwortlichen im Zoo nicht mehr zum Weiterleben. Das war sicher keine leichte Entscheidung, denn „Kalusho“ lebte seit 34 Jahren in Frankfurt, nachdem er als Jungbulle aus Simbabwe dorthin gebracht wurde. In diesen langen Jahren hatte er in der 2016 verstorbenen Nashorndame „Tsororo“ eine Partnerin, mit der er drei Töchter zeugte, die in Afrika wieder angesiedelt wurden und dort inzwischen hoffentlich nicht Wilderern zum Opfer gefallen sind.
 
Auch die beiden Nashorneltern im Frankfurter Zoo sollten eigentlich 2013 in ihre alte Heimat zurückkehren, doch der Transport der schweren und sensiblen Tiere wurde als zu belastend für diese eingeschätzt. Und so musste „Kalusho“ sieben lange einsame Witwerjahre verbringen, bis er nun auch in den Nashornhimmel geschickt wurde. Damit ist wohl das einzige noch in Europa verbliebene Südliche Spitzmaulnashorn für Besucher nicht mehr zu bewundern. Nashörner sind keine „schönen“ Tiere wie Tiger, aber schon allein wegen ihrer Körpermasse imposant. Und „Kaslusho“ war in seinem Alleinsein für mich immer auch ein trauriges sanftes Tier, das die Tragik seiner Art verkörperte.
 
Denn einst lebten in Afrika hunderttausende Nashörner. Doch die erbarmungslose Trophäensucht westlicher Großwildjäger sowie die hohe Nachfrage nach dem Horn der Tiere als Heil- und Potenzmittel in asiatischen Ländern haben den Bestand drastisch reduziert. Erst strenge Vorschriften für den Schutz von Nashörnern konnten in den letzten Jahren die Anzahl dieser Tierart in Afrika wieder ansteigen lassen. „Kalusho“ kann keinen weiteren Beitrag zu dieser positiven Entwicklung mehr leisten, er ist künftig auch keine Attraktion mehr für die Besucher des Frankfurter Zoos. Und er wird zum kommenden Frühlingsbeginnn nicht wieder vergnügt springen. Ob man auch um ein Nashorn trauern kann? Natürlich tu' ich das!

 
Wolfgang Hübner

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