Politisches Desinteresse an Kindesmissbrauch?

Vorgänge in Frankfurter Kitas bedürfen umgehender Klärung

Politisches Desinteresse an Kindesmissbrauch?

Hübners Frankfurter Woche – Folge 92

Kinder sind der wahre Reichtum jeder menschlichen Gesellschaft. Denn sie verkörpern und garantieren deren Zukunft. Das gilt selbstverständlich auch in einer Stadt wie Frankfurt, in der viele Bewohner, aus welchen Gründen auch immer, keine Kinder haben. Kinder sind aber die schwächsten und damit schutzbedürftigsten Mitglieder der Stadtgesellschaft. Wenn Eltern oder Alleinerzieher ihre Kleinsten einer städtischen oder privaten Kita anvertrauen, müssen sie die Gewissheit haben, daß diesen Kindern kein Schaden zugefügt wird.
 
Diese Gewissheit gibt es in Frankfurt nicht mehr, seit nun bekannt ist: Es gibt etliche Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch in Frankfurter Einrichtungen. Diese Fälle müssen umgehend untersucht, geklärt und eventuelle Schuldige sofort vom Umgang mit Kindern entfernt werden. Für die politisch Verantwortlichen im Kita-Bereich, im konkreten Fall die Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD), aber auch für den gesamten Magistrat kann es trotz Sommerpause keine dringlichere Aufgabe als diese geben.
 
Deshalb erscheint es mehr als befremdlich, wie zögerlich, ja geradezu unlustig die kinderlose Bildungsdezernentin mit dem schwerwiegenden Verdacht umgeht. Auch die Medien geben den Vorgängen nicht das Gewicht, das sie haben sollten. Einmal mehr bestätigt sich leider, wie strukturell kinderunfreundlich es in dem vergreisenden Deutschland zugeht. Jeder Einzelfall der auch nur vermuteten sexuellen Belästigung einer etwas bekannteren Frau würde ungleich mehr Wirbel entfachen als die Kita-Verdachtsfälle.
 
Es ist unerträglich, daß die SPD-Politikerin die Zahl dieser möglichen Vergehen an Frankfurter Kindern trotz besseren Wissens als zu gering angab und deshalb öffentlich korrigiert werden musste. In Sachen Kindesmissbrauch in Kitas kann es nur eine politische wie polizeiliche Devise geben: Radikale Aufklärung!
 
Fürchtet Frau Weber diese? Dazu gibt es keinen Grund. Oder sollen bestimmte Personen, die vielleicht Täter sind, geschützt werden? Dazu gibt es ebenfalls nicht den geringsten Anlass. Der von den Grünen geführte Magistrat sollte schon deshalb ein sehr großes Interesse an schleunigster Aufklärung haben, weil es zumindest in der Anfangszeit dieser Partei dort pädophile Strömungen gab. Das ist lange vorbei. Aber wiederum nicht so lange, um völlig in Vergessenheit zu geraten.
 
Kritisch hinterfragt werden muss auch, inwieweit eventuelle Sexualaufklärung für Kinder in Kitas verbunden worden sein könnte mit besonders „anschaulichen Beispielen“. Es ist nicht Aufgabe der verantwortlichen Politiker, vor unangenehmen Tatsachen den Kopf in den Sand zu stecken, sondern an der Spitze der Aufklärung solch ungeheuerlicher Vorgänge zu stehen. Nicht nur die Eltern von Kita-Kindern erwarten das, sondern die gesamte Öffentlichkeit in Frankfurt hat einen Anspruch darauf.
 

Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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Mit Kindern ist es wie mit Patienten. Ein Fall sexuellen Missbrauchs eines Offenbacher Arztes kam gar nicht erst in die Medien.