Klima-Oase Frankfurt – keine Spur!

Harmlose Plauderstunde zu Frankfurts Grün- und Bauplanungen

Klima-Oase Frankfurt – keine Spur!
© Marlis Lichtjahr

An einem heißen Sommerabend hatte hr-Info zu einer Podiumsdiskussion über die "Klima-Oase Frankfurt" ins Zoo-Gesellschaftshaus geladen. Doch einige der Diskutanten offenbarten bei der Veranstaltung am 8. August das Dilemma verhängnisvoller pseudo-"grüner" Planungen.


Das sah die Moderatorin des Hessischen ARD-Senders natürlich anders. Sie bezeichnete es als "Glück, dass wir grüne Politiker im Stadtparlament haben", die Themen wie "Biodiversität" und Klimawandel aufnähmen. Bekanntlich tendieren deutsche Journalisten mit großer Mehrheit zu "rot-grün". Die bewusst harmlos-freundliche hr-Moderation war dafür ein Paradebeispiel.

Die erste Hälfte der Veranstaltung drehte sich um allerlei Gedanken zur Artenvielfalt angesichts von Klimaveränderungen. Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität- und Klima-Forschungszentrums, zeigte, in welche Richtung sich der hiesige Artenschutz zu entwickeln beginnt. Für den Bereich der Nilgänse wurde das auf dieser Webseite bereits unlängst beschrieben.

Einwanderung ortsfremder Arten wird nun nicht mehr als Störung des hiesigen Öko-Systems angesehen, sondern als natürliche Folge des Klimawandels akzeptiert. Doch selbst dabei wird nicht stehen geblieben, sondern sogar nun noch die Einwanderung fremder Arten zu fördern versucht. Die Verbindung zum hiesigen "Flüchtlings"-Diskurs ist unübersehbar. "Refugees welcome", nun auch in Tier- und Pflanzenwelt. Böhning-Gaese erklärte somit, dass die Erhaltung der bestehenden Arten nicht mehr die alleinige Aufgabe des neuen Naturschutzes sei.

Neue Arten kämen, es fände eine Wanderung aus dem Süden nach Norden statt. Dieser "neuen Dynamik" solle mit einer "neuen Offenheit" begegnet werden. Es sollten sogar "Korridore" geschaffen werden, damit die Zuwanderung fremder Arten nach Norden erleichtert werde. Letztlich sei es eine "gesellschaftliche Entscheidung, welche Arten wir hier haben wollen". Es wäre Teil der Werte- und Gesellschaftsdiskussion, "welche Arten uns wichtiger sind". Auch hinsichtlich der langsam verschwindenden Streuobstwiesen mahnte Böhning-Gaese zur Gelassenheit angesichts der "Dynamik". Man solle die Areale einfach verwildern lassen.

Eher konzeptlos wirkte Rosemarie Heilig, "grüne" Dezernentin für Umwelt und Bauen, die vor allem Gemeinplätze absonderte. Man könne nicht mehr so planen, wie vor 20 Jahren. Man müsse "vom Grün her denken" und "durchgrünte Räume" schaffen, erzählte sie, als wären das bahnbrechend neue Erkenntnisse, und als wäre ihre Partei nicht seit Jahrzehnten an Frankfurter Stadtregierungen beteiligt. Bereits 1989 bildeten die "Grünen" mit der SPD eine erste Koalition im Römer. Das ist sogar länger als 20 Jahre her. Es folgten weitere Römer-Koalitionen mit "grüner" Beteiligung. Wenn sie es seitdem nicht geschafft haben, "durchgrünte Räume" zu gestalten, weshalb sollte es ihnen in der Zukunft gelingen?

Zum geplanten Innovationsquartier äußerte sie sich nicht auf die Frage eines Gastes, sondern überließ die Antwort Katrin Böhning-Gaese. "Mit dieser Bundesregierung bekommen wir den Klimawandel nicht hin", wusste sie immerhin zu vermelden. Der PKW-Verkehr müsse endlich eingeschränkt werden. "Es kommen aber immer mehr Menschen zu uns." Das sei ein "Riesen-Problem". Dass diese Menschen gerade von "grünen" Politikern eingeladen werden, hierher zu kommen, und sie mit Sicherheit nicht kommen, um in Deutschland und Frankfurt das Fahrradfahren zu lernen, thematisierte Heilig nicht.

Immerhin wären nun 80 Flächen als Wiesen ausgeschrieben worden, die nur zweimal im Jahr gemäht würden. Gäbe es nicht so viele Probleme mit der ABG, könnte man noch mehr ungemähte Flächen vorweisen. Das, so kann man als kritischer Zuhörer weiter denken, dürfte Personalkosten sparen und den nach Norden wandernden Zecken Korridore der Willkommenskultur in der Stadt errichten.

Dr. Marcus Gwechenberger vom Planungsdezernat wiederholte mehrfach den an sich richtigen Gemeinplatz, dass alles eine "Abwägungssache" sei. Die Grünringe sollten demnach gestärkt werden, und es solle immerhin noch eine Grünverbindung durch den neuen geplanten Stadtteil an der A5 geben. Gwechenberger präsentierte sich als unkritischer Anhänger der Wachstumsideologie, die er als schlicht naturgegeben verstand. Bis 2030 rechne er mit einem Wachstum der Wirtschaft, der Einwohnerschaft und der Studentenschaft. Schließlich sei Frankfurt "immer" gewachsen, zumindest seit den letzten 200 Jahren. Somit gelte es, Wohnraum zu schaffen, was zwangsläufig zu Konflikten mit Anliegen des Naturschutzes führe.

Kritik an den sich im Kreis drehenden Versuchen, das Zuzugsproblem zu gestalten, konterte Gwechenberger mit der lakonischen Feststellung: "Wir haben eben Wachstum". Und er versuchte die Zuhörer mit einem rhetorischen Trick ruhig zu stellen. "Wer von Ihnen ist denn in Frankfurt geboren? Wer ist zugezogen?", fragte er. Da sich nur eine Minderheit als gebürtige Frankfurter outete, präsentierte er dies als Beweis dafür, dass Wachstum stattfände und offenbar stattfinden müsse. Nun hat aber niemand in Frage gestellt, dass Menschen aus familiären oder beruflichen Gründen nach Frankfurt ziehen. Oder sie schon im Kindesalter mit den Eltern in die Stadt gelangt sind. Es gibt aber ebenso solche, die wegziehen und versterben.

Allein die Tatsache, dass Menschen nach Frankfurt ziehen, sagt noch nichts über die Existenz oder das Ausmaß von Bevölkerungswachstum aus. In ähnlicher Weise werden in anderen Diskussionen auch schnell alle Menschen zu "Migranten" gemacht, bloß weil sie vielleicht von Eschborn nach Frankfurt gezogen sind, um Kritiker von Einwanderung aus Afrika zu verunsichern und ruhig zu stellen. Es sind eben kleine Tricks, die man womöglich in SPD-Rhetorikschulungen lernt.

Die Lösung, die der Referent von Planungsdezernent Mike Josef (SPD) anbot, war eine altbekannte. Um Grünflächen vor Versiegelung zu retten, müsse eben höher gebaut werden. Als Beispiel wurde das geplante Quartier am Günthersburgpark genannt. Neubauten hätten dann eben nicht 3-4 Geschosse, sondern annähernd die doppelte Höhe. Die Renaissance des Wohnhochhauses steht uns also bevor, nur um eine wachsende Menschenanzahl auf kleiner Fläche übereinander zu stapeln. Die möglichen sozialen Folgen solcher Ballungen in der Zukunft werden dabei verdrängt.

Weshalb die daraus folgenden Konsequenzen von der Stadt als "Green City" verkauft werden, bleibt angesichts solcher Zukunftsprognosen ihr Geheimnis. Der Architekt Prof. Christoph Mäckler verwies den Begriff auch deshalb konsequent in den Bereich der aktuellen PR-Mode: "Ein Begriff, der in die Irre führt." Auf das Konzept der autogerechten Stadt seien "Smart City" und nun "Green City" gefolgt. Mit solchen Moden komme die Gesellschaft aber nicht weiter. Dabei erwies sich auch Mäckler keinesfalls als Gegner der neuen Bauvorhaben. Diese sollten nur durch urbanere Blockrandbebauung und Alleen sowie Parkanlagen mit größeren Bäumen erfolgen.

Ansonsten versuchten sowohl Heilig als auch Gwechenberger nicht mehr als unbedingt nötig zu den neuen Großbauvorhaben der Stadt zu verlautbaren. Stattdessen kramten sie das Konzept der Begrünung von Innenhöfen, von Fassaden und Flachdächern mehrfach hervor, mit dem dem Klimawandel und der Erwärmung Frankfurts begegnet werden solle.

Da die als Naturgesetz verkaufte Wachstumsideologie und die Planung von neuen Großwohnsiedlungen nun einmal nicht ökologisch sind, wird also versucht, diese durch etwas Fassadenkosmetik und PR schmackhaft zu machen. Schützenhilfe gab Katrin Böhning-Gaese, die meinte, durch "spannende" Fassaden- und Dachbegrünungen könnte man "die Stadttemperatur herunter bekommen".

Dass etwas Gras auf dem Dach, auf dem sich zudem noch Photovoltaik-Anlagen befinden sollten, und einige Efeu-Ranken vor der Styroporfassade ernsthaft spürbar etwas an der Erwärmung ändern würden, ist ein Glaubensbekenntnis. Sicher aber ist, dass solche Begrünung nicht nachhaltig ist, sondern eine Dauer von 20, allenfalls 40 Jahren haben kann, ehe in Folge notwendiger Sanierungsmaßnahmen das Grün wieder beseitigt werden muss. Es handelt sich also vor allem um eine optische Maßnahme, die der Beruhigung des Gewissens dient.

Zehn Millionen Euro gibt die Stadt in den nächsten fünf Jahren zur Förderung solcher Begrünungen aus, so Rosemarie Heilig. Die Begrünung von Innenhöfen könnte schon dauerhaftere Effekte erzielen, da hier auch größere Bäume und Sträucher gepflanzt werden könnten. Doch gerade dieses Ziel stößt sich mit der Wachstumsideologie und der daraus entstehenden Not, durch Nachverdichtung in Hinterhöfen neuen Wohnraum zu schaffen. Die Wachstumsideologen stecken also in der Zwickmühle der selbst propagierten Politik.

Zu den kosmetischen Maßnahmen, die über den realen Flächenverbrauch der Wachstums-City Frankfurt hinwegtäuschen sollen, gehört auch die aktuelle Aktion der "grünen Zimmer".

Sieben zwei Meter hohe Wände, mit Zier- und Obstpflanzen bestückt, wurden im Stadtgebiet platziert. Angeblich sollen sie Schatten spenden und Schadstoffe aus der Luft filtern. Die sieben Wände sind wohl weniger ein Tropfen auf den heißen Stein als ein PR-Gag des Magistrats. Petra Fuchs vom Deutschen Wetterdienst hatte auch gegenüber der Presse geäußert, dass die Zimmer keinen messbaren Effekt haben werden. Ein Gast der Veranstaltung im Zoo-Gesellschaftshaus nannte die 60.000 Euro teure Aktion auch folgerichtig "herausgeschmissenes Geld".

Prof. Christoph Mäckler monierte schließlich noch, was die Bürger Für Frankfurt – BFF schon kurz nach den seinerzeitigen Baumaßnahmen bemängelt hatten: Die Gestaltung des Goetheplatzes sei ein "Desaster". Es sei eine sich aufheizende graue Steinfläche. Nichts mit "Green City", die heute von den gleichen Parteien propagiert wird, die damals unbeirrbar die Goetheplatz-Rossmarkt-Planungen durchpaukten. Dass auch der 2005 im Ostend geschaffene Paul-Arnsberg-Platz als zu steinern empfunden werde, musste selbst Marcus Gwechenberger zugeben.

Vor dem Eingang des Zoo-Gesellschaftshauses demonstrierten Bürger aus dem Vogelsberg gegen die zu massive Entnahme von Wasser aus ihrer Region, das nach Frankfurt transportiert wird. Die "Schutzgemeinschaft Vogelsberg" demonstrierte dagegen, dass der Grundwasserspiegel im Vogelsberg sinkt, somit dort Bäume massive Probleme beim Überleben haben, während das Wasser nach Frankfurt transportiert wird. Und zu allem Unglück hatte Umweltdezernentin Rosemarie Heilig noch Frankfurter Bürger gebeten, der Stadt zu helfen und selbst hiesige Straßenbäume zu gießen.

Die Vogelsberger forderten, dass Frankfurt mehr für die Nutzung eigener Wasserressourcen tun und auch Brauchwasserleitungen einrichten solle, statt den Vogelsberg zum Austrocknen zu bringen. Auch aus dem Ried kommende Zuhörer kritisierten bei der Veranstaltung die Praxis Frankfurter Wasserentnahme. Es fände in Frankfurt Wachstum auf Kosten anderer Regionen statt. "Und sie nutzen auch die Ressource Frankfurt. Sie sitzen hier, nutzen das kulturelle Angebot", konterte Christoph Mäckler die Proteste.

Rosemarie Heilig antwortete immerhin, dass ihr das Problem bewusst sei. Die Neuanlage von Brauchwasserleitungen sei aber am besten nur bei Neuplanungsgebieten realisierbar. Auf die Frage, wann diese Bauplanungen begännen, antwortete Heilig schlicht: "Jetzt." Und an die Adresse der Proteste gegen das neue Baugebiet an der A5 gerichtet erklärte sie, es sei nötig, eine regionale Gesamtregierung zu schaffen, die das "Kirchturmdenken", wie es in Oberursel und Steinbach vorherrsche, abschaffe. Heilig möchte also für die Region eine Art EU im Kleinen.

Dass jede Zentralisierung nur autoritär regieren kann, dessen war sich Christoph Mäckler bewusst. So forderte er im gleichen Atemzug, dass der Gesetzgeber verbieten müsse, dass Bürger ihre Vorgärten pflastern oder zu Schotterflächen gestalten. Auch ein Privatgarten sei "öffentlicher Raum": "Da kann man nicht machen, was man will." Ein Gast aus der Nordweststadt antwortete trotzig: "Aber das Areal an der A5, das ist unser Garten."

 

Marlis Lichtjahr

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