„Feldmann hat seine goldene Amtskette verbogen!“

Interview mit OB-Kandidat Volker Stein

„Feldmann hat seine goldene Amtskette verbogen!“
© R. Sawicki


von Claus Folger

Der unabhängige OB-Kandidat Volker Stein rechnet sich gute Chancen aus, bei der kommenden Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am 25. Februar Bernadette Weiland (CDU) zu schlagen und gegen den amtierenden OB Peter Feldmann (SPD) in die Stichwahl zu ziehen. Ich treffe daher den gebürtigen Frankfurter und ehemaligen Ordnungsdezernenten unter Petra Roth (CDU) zum Interview in der Kleinmarkthalle, seinem Lieblingsort in der Mainmetropole.

Sie werben mit dem Slogan „Gebt der Stadt ihre Seele, ihre Ordnung und ihre Würde zurück!“ Wer hat sich diesen Slogan ausgedacht?

Der Slogan geht auf meine Anregung zurück, da sich die Stadt in letzter Zeit würdelos dargestellt hat. Die Stadt hat keine Außenwirkung. Keiner kennt den Frankfurter Oberbürgermeister in den umliegenden Städten und Gemeinden. Wenn sie nach Berlin kommen oder beim Deutschen Städtetag sind, weiß dort auch niemand, wer das ist.

Gibt es ganz spezielle Orte, wo Sie sagen würden, hier ist Frankfurt seelen- und würdelos?

Natürlich, der Bahnhof ist einer der schmutzigsten Bahnhöfe im Zu- und im Abgang. Nördlich der Kaiserstraße werden sie von Dealern belästigt. Die Junkies liegen auf der Straße rum. Und auf der Zeil haben sie rumänische Bettlerbanden. All das möchte ich beenden.

Ca. 80% der Drogendealer sind Einwanderer und Flüchtlinge. Was kann die Stadt hier tun?


Die Stadt ist als Verantwortliche für das Ausländeramt für die Aufenthaltsgenehmigung zuständig und sie ist neben der Polizei, die seitens der Stadt um mindestens 100 Polizeibeamte aufgestockt werden sollte, auch für die Ordnung und Sicherheit auf den Straßen zuständig.

Besorgte Bürger beobachten, dass seit Merkels Grenzöffnung 2015 auch immer mehr in den Stadtteilen mit Drogen gehandelt wird, zum Beispiel im Günthersburgpark in Bornheim oder an der Endhaltestelle der U4 in Bergen-Enkheim. Wie kann die Stadt darauf reagieren?

Mit Platzverweisen und deutlich mehr Polizeipräsenz auf den Straßen.


Mein Eindruck ist, dass Frankfurt zunehmend zu einer Stadt für diejenigen wird, die sich Frankfurt noch leisten können. Wem gehört die Stadt?

In erster Linie den Bürgern. Es ist zwar schön, dass wir mit dem Brexit neue Leistungsträger in die Stadt holen, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass unsere Kinder und Enkelkinder in dieser Stadt Wohnraum bekommen. Deshalb müssen wir bauen. Die Stadt sollte aber auch mit den umliegenden Gemeinden kooperieren, da wir über unsere stadteigene ABG FRANKFURT HOLDING das Geld und die Umlandgemeinden die Fläche haben.

Die FAZ beobachtet in Frankfurt einen gefährlichen Trend zur Segregation, was bedeutet, dass sich die einzelnen Stadtteile zunehmend nach Einkommen, sozialem Status und Ethnie aufsplitten. Was setzen Sie diesem Trend entgegen?


Ich möchte eine gesunde Mischung in den sozialen Schichtungen dieser Stadt haben. Auch wenn es bei Einkommensschwachen eine Wohnungsnot gibt, möchte ich kein bestimmtes Klientel in Sozialsiedlungen konzentrieren. Deshalb weise ich die populistischen Forderungen von linken Gruppierungen zurück, noch höhere Sozialwohnungsquoten von bis zu 80 % einzurichten.

Was halten Sie von dem Mittel einer Milieuschutzsatzung?

Wenig. Milieuschutzsatzungen verhindern Veränderungen. Im Westend und im Nordend haben wir das gesehen. Da gibt es Möglichkeiten zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, indem man zum Beispiel ein Stockwerk oben drauf setzt usw. Das wird durch diese Satzung unterbunden.

Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass politische Entscheidungen die Kosten für den Wohnungsbau drastisch in die Höhe treiben. Welche politischen Entscheidungen sind das denn?


Es ist die Entscheidung, die Grunderwerbssteuer zu erhöhen, es sind Milieuschutzsatzungen, wo dem Eigentümer untersagt wird, mehr Wohnraum in bestimmten Gegenden zu schaffen. Dazu verkauft die Stadt ihre Grundstücke, ohne vorher die Infrastruktur hinzubekommen. Diese muss dann anschließend teuer umgelegt werden. Auch Energiesparhäuser sind teuer, die Energiespareffizienz ist aber nicht nachgewiesen.

In der Vergangenheit gab es in Frankfurt die politische Entscheidung, massiv Grundstücke zu verkaufen, um Defizite in der Stadtkasse auszugleichen. War das ein Fehler?


Es ist immer ein Fehler, wenn die Stadt ihr Tafelsilber verkauft. Gerade heute hat sie andere Optionen. Frankfurt nimmt nach München aktuell die meisten Steuern ein.

War es auch ein Fehler, dass Frankfurt in der Vergangenheit seine Hauptschulen plattgemacht hat? Es heißt, dass 40% der Realschüler eigentlich Hauptschüler sind und 40% der Gymnasiasten eigentlich Realschüler. Lehrer sagen, dass gute Hauptschüler vor zehn Jahren den heutigen Realschülern überlegen waren. Erst letztes Jahr hat das Hessische Kultusministerium die Deutschanforderungen beim Abitur wieder heruntergestuft.


Das ist richtig. Ich glaube, dass wir eine bestimmte Bevölkerungsschicht haben, die wir durch eine gründliche Hauptschulausbildung mit einer Perspektive im handwerklichen bzw. im industriellen Bereich bedienen könnten. Auch wenn wir heute über 50% Prozent Abiturienten in Frankfurt haben, ist nicht jeder davon automatisch studierfähig. Das Abitur ist nichts mehr wert, wenn Universitäten für potentielle Studenten zusätzliche Prüfungskriterien entwickeln müssen.

Seit dem 1. Januar 2018 kostet ein Einzelfahrschein nur noch 2,75 € und nicht mehr 2,90 €. Janine Wissler von den Linken würde am liebsten für den RMV einen Nulltarif einführen. Wie sieht denn ihre Preisgestaltung für den öffentlichen Personennahverkehr aus?


Ich halte es für wichtig, dass wir Schüler freistellen. Denn wenn sie durch eine verfehlte Schulpolitik lange Schulwege haben, sollten wir ihnen wenigstens ermöglichen, kostenlos an ihre Bildungseinrichtung zu kommen. Im Sinne der Gleichbehandlung sollten auch Auszubildende in diesen Genuss kommen. Und ist es zudem nicht angemessen, dass wir die ehrenamtliche Arbeit unserer Feuerwehrleute dadurch würdigen, dass sie kostenlos fahren dürfen?

Zu einem anderen Thema: Warum sind die öffentlichen Plätze in Frankfurt so hässlich? Warum können Spanier und Italiener ihre innerstädtischen Plätze so schön gestalten und wir nicht? Sind die Frankfurter zu blöd dazu?


Wir machen in der Tat sterile Plätze, die danach schreien, versaut zu werden.

Wie kann man das ändern?

Durch die Ansiedlung von Gastronomie.

Die Frankfurter Plätze sind vor allen Dingen grau. Ist es nicht auch eine Frage der Farbgestaltung?

Sicherlich kommen verschiedene Faktoren dazu.

Jetzt hat die Stadt zur sogenannten Terrorabwehr an der Hauptwache, der Fressgass und der Alten Oper Betonblöcke aufgestellt. Verschandeln diese nicht massiv das Stadtbild?

Ja, vor allen Dingen ist es unter Sicherheitsgesichtspunkten lächerlich. Sie gaukeln der Bevölkerung Sicherheit vor, die nicht gegeben ist. In Frankfurt gibt es so viele Orte, wo man ungebremst in Menschenmassen reinfahren könnte, so viele Betonblöcke kann man gar nicht aufstellen.

Frankfurt liegt am Main. Der rote Mainsandstein erstreckt sich vom Spessart bis zum Odenwald mit jeder Menge Lagerstätten. Man könnte also regional bauen. Doch warum wird in Frankfurt roter Sandstein als Baumaterial nur exemplarisch verwendet, wie zum Beispiel beim Wiederaufbau der Altstadt. Und warum benutzen private Bauherren fast immer beigen Sandstein? Gibt es einen rationalen Grund dafür?

Mit beigem Sandstein meinen Sie wahrscheinlich den industriellen Kalksandstein. Er ist kostengünstiger herzustellen. Ich bedaure es aber auch, dass die heutige Generation von Architekten fast immer grau oder weis baut. Gerade Seligenstadt und auch Offenbach zeigen, wie schön man zur Mainseite hin mit rotem Sandstein bauen kann. Frankfurt hat sich leider für den grauen Einheitsbrei entschieden.

Kann die Stadt den privaten Bauherren hier Vorschriften machen?

Natürlich. Die Stadt Frankfurt ist mit großen Architekten aber schon immer sehr gnädig umgegangen und war schon immer sehr lahm in der Umsetzung ihrer ästhetischen Ziele.

Halten Sie den Wiederaufbau der Altstadt für gelungen?

Ich denke schon. Es ist ein schöner Kompromiss zwischen einer eins-zu-eins-Umsetzung der Historie und Bauten, die keinen historischen Bezug haben.

Was halten Sie von der Idee, die für den Wiederaufbau der Altstadt verantwortliche Dom-Römer-Gesellschaft auch für Alt-Sachsenhausen zu engagieren? Der Geschäftsführer Michael Guntersdorf kann sich das jedenfalls vorstellen. Er sagte: „Mit den privaten Investoren in Alt-Sachsenhausen könnte sich unsere Gesellschaft zusammentun und das machen, was wir auch bei der Altstadt geschafft haben: Viele Dinge, die nicht geregelt sind, regeln. Dafür würde man mit einer kleinen, schlagkräftigen Mannschaft einen Generalplan aufsetzen und das Viertel rasch voranbringen.“


Das ist eine gute Idee! Ich halte Guntersdorf im Übrigen auch für einen guten Mann. Das heißt, wenn er das sagt, dann ist das bestimmt klug und durchdacht. Schauen Sie sich zum Beispiel die Kneipenmischung in Alt-Sachsenhausen an. Viele Massenrestaurants, eine Shisha Bar neben der anderen und nur noch sehr wenige traditionelle Apfelweinwirtschaften. Hier sollte man Vorgaben machen. Auch könnte man kleine Handwerksbetriebe ansiedeln.

Kommen wir zur letzten Frage: Was hatte Petra Roth, was Peter Feldmann nicht hat?

Petra Roth hat eine Aura, sie hat Charisma und ist immer gut angezogen. Petra Roth ist eine attraktive Frau mit einer sonoren Stimme, die nicht kreischend wirkt. Und sie wusste, wo sie sich zu engagieren hat und wo sie die Finger davon lässt. Und Peter Feldmann macht es genau umgekehrt. Er findet das alles sehr schön, dass er von seinem Büro medial gut verkauft wird, was zu bewundern ist, dass die das so gut hinbekommen haben. Er hat seine goldene Amtskette wahrscheinlich schon öfter angehabt wie alle seine Vorgänger zusammen. Das sieht man auch daran, dass seine Amtskette in der Zwischenzeit schwer verbogen ist. Und das ist nun mal der wesentliche Unterschied zu Petra Roth.

Vielen Dank für das Gespräch.

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