Neue Schulden und Belastungen statt Zukunftsorientierung

Haushaltsrede des BFF-Fraktionsvorsitzenden Schenk

Neue Schulden und Belastungen statt Zukunftsorientierung
© Marvin800


Bei der Diskussion um die sehr verspätete Verabschiedung des Haushalts für das laufende Jahr 2017 hat der Fraktionsvorsitzende der Bürger Für Frankfurt BFF im Römer, Patrick Schenk, eine Rede gehalten, die hiermit vollständig dokumentiert wird. Patrick Schenk hat in dieser Rede in vorbildlicher Weise die notwendige Kritik am Haushalt der Koalition von CDU, SPD und Grünen verbunden mit Hinweisen auf die konstruktiven Vorschläge der BFF. Dass in den lokalen Frankfurter Medien über den Inhalt der Rede Schenks nur wenig oder überhaupt nicht informiert wurde, spricht nicht gegen die Rede, sagt aber einiges über diese Medien aus.  

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Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

meine sehr verehrten Damen und Herren!
 

Wir als Bürger Für Frankfurt lehnen sowohl diesen städtischen Haushalt als auch den mit ihm heute zu beschließenden Stellenplan ab. Dieser Etat und die mit ihm von der Koalition aus CDU, SPD und GRÜNEN eingebrachten Haushaltsanträge stellen einen Haushalt - wir haben es schon gehört - reiner Klientelpolitik und der fehlenden zukunftsfähigen Entscheidungen für unsere Heimatstadt Frankfurt am Main dar.

                              (Beifall)

Insgesamt 89 Anträge zum Haushalt hat diese ganz große Koalition des unverantwortlichen Stillstands vorgelegt. 90 sind es heute geworden, vielen Dank für die Korrektur. Einen Großteil davon hätten die parteieigenen Dezernenten längst im Haushalt abbilden können, stattdessen registrieren wir ein ausgeschüttetes Füllhorn für die jeweilige Klientel, welches nachfolgende Generationen über Jahrzehnte hinaus belasten wird. Weder im vorgelegten Haushalt noch in den von der Koalition eingereichten Anträgen findet sich das Geringste einer verantwortungsbewussten Haushaltspolitik wieder.

                              (Beifall)

Ansätze einer Verwaltungsstrukturreform? Fehlanzeige. Projektförderung vor institutioneller Förderung in der Sozialpolitik? Fehlanzeige. Subjektförderung vor Objektförderung in der Wohnungspolitik? Fehlanzeige. Und eine klare Eckpunktepolitik zum mittelfristigen Schuldenabbau? Wieder Fehlanzeige. Stattdessen wird uns mit der Vorlage M 44 ein Stellenplan zur Neuschaffung von insgesamt 540 Stellen vorgelegt, der allein im Hinblick auf die Eingruppierungen - ich habe es im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit schon gesagt - und die damit verbundenen Versorgungsanwartschaften viele hundert Millionen Euro zur Folge haben und das städtische Defizit weiter ansteigen lassen wird. Das ist alles keine fortschrittliche, in die Zukunft weisende Politik für unsere Heimatstadt, sondern rückwärtsgewandtes, in Stagnation und Apathie verharrendes Aussitzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

                              (Beifall)

Alle Forderungen der Opposition nach einer Evaluierung, klaren Kriterien und mehr Transparenz bei der Entscheidung über freiwillige Leistungen und Zuschüsse der Stadt werden von der Koalition rundum abgelehnt, ebenso alle Anträge, die auf eine Begrenzung der stetig wachsenden Verschuldung sowie auf eine maßvolle Haushaltspolitik und eine Verwaltungsstrukturreform abzielen. An dieser Stelle möchte ich das noch einmal aufgreifen, was Frau Kollegin Rinn gesagt hat. Es gibt den Etatantrag E 213. Es ist nicht selbstverständlich, dass alle Oppositionsparteien diesem Antrag übergreifend zugestimmt haben. AfD, FDP, BFF, LINKE., FRAKTION und FRANKFURTER haben diesem Antrag, der zur Prüfung und Berichterstattung an den Magistrat geht, zugestimmt. Die Koalition lehnt diese Vorlage trotz breiter Zustimmung ab. Das ist unverantwortlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir als Bürger Für Frankfurt haben ein bisschen mehr Mut. Betrachten wir ein paar wenige Beispiele etwas genauer. Um einem drohenden Verkehrsinfarkt im Frankfurter Westen vorzubeugen und weitere Verkehrsunfallopfer zu verhindern, fordern wir, endlich mit den Planungen für eine Untertunnelung der Eschersheimer Landstraße zwischen Adickesallee und Weißem Stein zu beginnen. Es ist komplett unverantwortlich, sich über immer neue Baugebiete im Westen und Nordwesten unserer Stadt Gedanken zu machen und dabei den Ausbau, auch und insbesondere den Ausbau des Individualverkehrs, außer Acht zu lassen. Würden Sie diese Pläne, die es schon lange gibt und endlich mit Leben gefüllt werden könnten, umsetzen, entstünde eine grüne Prachtallee mit ausreichenden Kfz‑ und Fahrradspuren, die eine deutliche Bereicherung des Einzelhandels im gesamten Eschersheim und Dornbusch darstellen würde.

                              (Beifall)

An der Stelle ist es bemerkenswert, dass die Fraktionen von CDU und FDP im Ortsbeirat diesem Etatantrag von uns zugestimmt haben, während sich die CDU in diesem Hause nicht dazu durchringen konnte. Ebenso dient die von uns erhobene Forderung nach der Einstellung von Planungsmitteln für einen zweiten S-Bahn-Tunnel in unserer Stadt dazu, einer Überlastung des Pendelverkehrs und des ÖPNV generell entgegenzuwirken. So verständlich es für uns alle sein mag, dass zunehmend mehr und mehr Menschen ihren Wohnsitz in Frankfurt haben möchten, so verständlich muss es für uns alle doch auch sein, dass wir nicht allen und jedem hier eine neue Heimat bieten können. Frankfurt wächst, lautet immer wieder die oft und viel beschworene Devise. Aber es wächst eben nur im Hinblick auf die Einwohnerzahl und nicht im Hinblick auf die Fläche. So schön die Wünsche nach Eingemeindungen von Bad Vilbel, Eschborn und anderen Nachbargemeinden sein mögen, sie werden unerfüllt bleiben. Und so bedarf es eben mehr als der vom Oberbürgermeister ausgehenden Parole „Bauen, bauen, bauen“ und der damit gleichzeitig einhergehenden Verunsicherung unserer Bürgerinnen und Bürger, wo denn nun das nächste Quartier und die nächste Nachverdichtung entstehen sollen. Das ist schlecht.

                              (Beifall)

Der soziale Frieden in unserer Heimatstadt hängt auch von der Wohnsituation und Wohnqualität seiner Bürger ab. Hier tragen Sie mit Ihrer Verunsicherungspolitik aber nicht im Geringsten dazu bei, diesen Frieden aufrechtzuerhalten. Das Füllhorn, welches Sie, meine Damen und Herren der Koalition, über eine Vielzahl von Sozialvereinen und Sozialträgern ausschütten, wird alleine nicht dazu beitragen, unsere Stadt friedlich und liebenswert zu machen. Im Gegenteil. Wir kennen es auch aus der Vergangenheit. Es wird die Begehrlichkeiten der Träger noch mehr erhöhen, ohne dabei dem gewünschten Zweck, nämlich dem Erhalt eines umfassenden sozialen Friedens in unserer Stadt, näherzukommen.

                              (Beifall)

Zur Frage des Wohnens in dieser Stadt setzt die Koalition ausschließlich auf die Objektförderung. Sie sattelt dazu in zwei Etatanträgen noch einmal 21 Millionen Euro auf den Haushalt hinauf. Diese Aufstockung besteht in einer Erhöhung des Liegenschaftsfonds um eine Million Euro und einer Verpflichtungsermächtigung über 20 Millionen Euro zur Unterstützung des Wohnungsbaus für das Haushaltsjahr 2018. Wir haben mit unserem Etatantrag E 239 den Magistrat hingegen aufgefordert, wenigstens zu prüfen und zu berichten, in welchem Rahmen und Umfang die Stadt Frankfurt ein kommunales Wohngeld als freiwillige Leistung in den Haushalt einstellen und damit auch die Subjektförderung als Instrument zur Entspannung des Wohnungsmarktes in unserer Stadt nutzen kann. Der Antrag wurde abgelehnt. Wen wundert es? Die reine Objektförderung greift nämlich nur mittel- bis langfristig und hilft damit den derzeitigen Wohnungsuchenden in Frankfurt überhaupt nicht. Hinzukommt, dass diejenigen Berufs- und Einkommensgruppen übermäßig stark betroffen sind, die einerseits keinen Anspruch auf Sozialleistungen nach dem SGB II haben und andererseits über kein deutlich überdurchschnittliches Einkommen verfügen - dies sind eine von der Politik viel zu oft vernachlässigte Arbeitnehmerschaft und die von Ihnen in diesem Zusammenhang auch vergessenen Rentnerinnen und Rentner in unserer Stadt.

                              (Beifall)

Hier kann eine gezielte Subjektförderung sofort und unmittelbar Hilfe leisten, die sich insbesondere an Mieter beziehungsweise Wohnungseigentümer zu richten hat, die für die Qualität sowie Aufrechterhaltung der technischen und sozialen Infrastruktur unserer Stadt unverzichtbare Funktionen aufweisen. Also, es geht um Polizisten, Feuerwehrleute, Mitarbeiter von Kindertagesstätten, Kranken- oder Altenpflegekräfte. Die Einführung eines solchen kommunalen Wohngeldes als freiwillige Leistung würde dem Anspruch Frankfurts als soziale Stadt gerecht. Die von der Koalition zusätzlich eingesetzten 21 Millionen Euro wären, wenn sie von Ihnen denn nach unserer Vorstellung veranschlagt worden wären, hier also wesentlich besser angelegtes Geld. Das, meine Damen und Herren, wäre verantwortungsbewusste Wohnungs- und Sozialpolitik in einem.

                              (Beifall)

Die Gesundheitspolitik wird sicherlich weiterhin geprägt sein von der Fusion unseres Klinikums Höchst mit den Main-Taunus-Kliniken. Hier scheint sich wieder einmal ein Fass ohne Boden abzuzeichnen. Wir Bürger Für Frankfurt werden Ihnen nach der letzten, etwas versteckten Mehrkostenvorlage des Gesundheitsdezernenten noch genauer auf die Finger schauen als in der Vergangenheit. Darauf können Sie sich verlassen.

Die Sanierung der Städtischen Bühnen, die höchstwahrscheinlich zu einem Neubau am Willy-Brandt-Platz führen wird, den die Alt-Frankfurter immer noch Theaterplatz nennen, wird die größte Herausforderung für die Kulturdezernentin werden. Wir als Bürger Für Frankfurt begrüßen daher die Initiative, die sich schon jetzt für eine mögliche Rekonstruktion einsetzt. Überlegenswert, wenigstens überlegenswert, ist eine solche Rekonstruktion an dieser Stelle allemal, und sie würde vielleicht sogar dazu beitragen, auch dem sich in unmittelbarer Nähe dahinvegetierenden Polizeipräsidium eine neue glorreiche Zukunft seiner erhaltenswerten Fassade zu bescheren.

                              (Zurufe)

Ja. Aber da ist noch das Land mit dabei, lieber Manuel Stock.

Generell, das wissen Sie in diesem Hause, ist uns die Rekonstruktion erhaltenswerter Gebäude ein Herzensanliegen. Und so haben wir uns ausdrücklich gefreut, dass die Koalition mit ihrem Etatantrag E 87 die Rekonstruktion der Turmdächer des „Langen Franz“ und des „Kleinen Cohn“ zumindest wieder ins Gespräch bringt. Wir hätten uns allerdings hier eine stärkere und damit klarere politische Willensbekundung der Koalition gewünscht als lediglich einen Antrag, mit dem der Magistrat aufgefordert wird, zu prüfen und zu berichten. Zumal diese Idee in den letzten Jahrzehnten bereits mehrmals in der Diskussion war, um dann allerdings jedes Mal wieder in den Schubladen zu verschwinden und dort zu verstauben. Mit der bevorstehenden Fertigstellung unserer neuen Altstadt im Herbst 2018 gewinnt diese Maßnahme an Aktualität, deren Realisierung sehr zu begrüßen wäre.

                              (Beifall)

Ich möchte kurz noch auf einen Einwand von Manuel Stock eingehen bezüglich unserer Ablehnung des Antrags, der die Aufarbeitung von Stadtverordneten in der NS-Zeit angeht. Hier wird wieder einmal pauschal über unser Votum ein Urteil gefällt. Dieser Antrag ist in der Sache selbstverständlich zu begrüßen, und wir lehnen es überhaupt nicht ab. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, es wäre aus Forschungssicht hochgradig interessant zu erfahren, welcher der Stadtverordneten in der damaligen Zeit welche Rolle gespielt hat. Im Übrigen warten wir in dieser Stadt auch immer noch auf eine wertfrei aufgearbeitete Biografie des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Krebs. Sie wird bis heute nicht gemacht, weil die Erben sich immer noch nicht darauf verständigen konnten, welcher Wissenschaftler Zugang zu diesem Nachlass erhält. Es ist aber absolut richtig und wichtig, dass diese Aufarbeitung hier betrieben wird. Deswegen haben wir den Antrag nicht abgelehnt. Wir sagen allerdings, dass es sich uns nicht erschließt, dass dieser Antrag jetzt mit dieser erheblichen Summe von 100.000 Euro pro Jahr gestellt wird. Sie hätten dieses Projekt schon längst in den Haushalt einbringen, oder aber für das nächste Haushaltsjahr einplanen können. Ob die Summe in der Form so hoch sein muss, wagen wir hier zu bezweifeln, aber jetzt das Urteil zu fällen  und uns vorzuwerfen, dies aus ideologischen Gründen abzulehnen, finde ich verwerflich und ungerecht.

                              (Beifall)

Abschließend ist und bleibt es völlig unverständlich, warum diese GaGroKo mit jetzt insgesamt 90 Etatanträgen auf das ohnehin schon 194 Millionen Euro betragende Defizit 15 Millionen Euro zusätzlich draufpackt. Es wäre doch Folgerichtig gewesen, nach der letztjährigen Rekordeinnahme an Gewerbesteuern einen soliden Schuldenabbau voranzutreiben. Stattdessen wird sich der Schuldenstand unter der Führung dieser schwarz-rot-grünen Koalition auf wahrscheinlich sage und schreibe drei Milliarden Euro im Jahr 2019 erhöhen.

Wir werden uns im Winter an dieser Stelle wiedersehen, wenn der Kämmerer die eventuell nicht mehr so erfreulichen Gewerbesteuereinnahmen für das Jahr 2017 mitteilt. Den ersten Beitrag dazu hat er am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss schon geleistet. Dann werden Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, Krokodilstränen vergießen und verzweifelt versuchen, den rapide wachsenden Schuldenstand zu begründen. Eines können Sie dann aber nicht behaupten, nämlich dass es niemanden aus den Reihen der Opposition gegeben habe, der Ihnen dieses Debakel prophezeit und den notwendigen Kurswechsel schon damals ‑ also heute - angemahnt hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

                              (Beifall)

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