Klotzige Neubauten, überforderte Architekturbüros

Innenstadt fehlt Gestaltungskonzept, beim Altstadt-Areal fachliche Kontrolle

Klotzige Neubauten, überforderte Architekturbüros
© Marlis Lichtjahr


Mehrere aktuelle Bauvorhaben im unmittelbaren Bereich der Frankfurter Innenstadt zeigen Probleme und falsche Weichenstellungen in den städtischen Planungen.

Das international bekannte Goethe-Haus im Großen Hirschgraben, eine Rekonstruktion der Nachkriegszeit, soll nun einen Anbau für das geplante Romantik-Museum erhalten. Vor dem Krieg bildete die Straße ein harmonisches Ensemble aus historischen Bürgerhäusern.



Doch die städtischen Verantwortlichen entschieden sich gegen die sich hier eröffnende Chance zu weiteren Rekonstruktionen. Stattdessen soll ein Neubau an die Westseite des Goethe-Hauses anschließen. Christoph Mäckler entwarf nun ein Museumsgebäude, dessen Fassade durch mehrere asymmetrisch ansteigende große Fenster geprägt ist. Sie folgen dem Treppenhaus als "Lichtpuffer" und sollen zudem eine aufsteigende "Himmelsleiter" symbolisieren.

Zwar wird die Situation neben dem Goethehaus im Vergleich zum gegenwärtigen Bestand kleinteiliger, da Mäckler die bisher bestehende Fassadenstruktur der Nachkriegszeit in drei voneinander geschiedene Einzelgebäude gliedert. Nun aber stößt sich die in den Vordergrund drängende Architektur optisch stärker mit dem Goethehaus, schafft somit keine zurückhaltende Harmonie, sondern möglichenfalls gar einen Kontrast mit Konkurrenzsituation.

Ähnliches droht im problematischen "Palais-Quartier" zwischen Stiftstraße und Zeil.

Zwar wurde hier vor einigen Jahren das barocke Stadtpalais Thurn und Taxis rekonstruiert. Aber diese Rekonstruktion wurde teuer erkauft durch die Errichtung der dahinter liegenden Hochhäuser des Architekturbüros KSP Engel und Zimmermann. Die in Knickoptik gestalteten Kolosse werden von nicht wenigen Frankfurtern als die hässlichsten Hochhäuser der Stadt bezeichnet, zudem außerhalb des seither für derartige Bauten vorgesehenen Bankenareals gelegen.

Nun soll das bislang brach liegende Areal nördlich des Palais´ Thurn und Taxis bebaut werden, auf dem sich einst das Nachkriegsdomizil der "Frankfurter Rundschau" befunden hatte. Grundsätzlich ist die Bebauung der Brachfläche gegenüber dem "Nitribitt-Hauses" begrüßen. Der Sieger des Architekturwettbewerbs hingegen lässt schlimmes erahnen. Weder orientiert sich der Entwurf von Hadi Teherani am abgerissenen Rundschau-Gebäude, was ein Konkurrenz-Büro versucht hatte, noch wird ein harmonischer Übergang zum Palais Thurn und Taxis angestrebt. Die Orientierung erfolgt eindeutig am Flachdachbau und an der zum Großflächenornament ausgeweiteten Fassade aus bizarr gerahmten Fensterflächen, die bereits die Hochhäuser des Architekturbüros KSP Engel und Zimmermann prägte.

So ist denn der Neubau anstelle des ehemaligen "Rundschau"-Gebäudes eine weitere klotzige Kröte, die geschluckt werden muss, weil es die verantwortlichen Frankfurter Stadtplaner bewusst versäumen, eine Gestaltungssatzung zu formulieren, die eine dem kleinteiligen Bild der historischen Innenstadt gemäße traditionellere Architektursprache fördern würde.

Auch bei der gerade im Aufbau befindlichen Frankfurter Altstadt des Dom-Römer-Areals droht sich Ungemach einzuschleichen, wenn auch ganz anderer Natur. Offenbar ist die Konstruktion eines der zu rekonstruierenden Fachwerkhäuser nicht historisch korrekt geplant worden. Fotos, die im Juli im "Deutschen Architektur Forum" veröffentlicht wurden, zeigten, dass das Erdgeschoss des Hauses "Esslinger", Hinter dem Lämmchen 2, bereits in Fachwerkkonstruktion errichtet wurde. Offenbar aber hat man es mit der historisch korrekten Konstruktion nicht so genau genommen.

Das Haus wurde laut Angaben der Dom-Römer GmbH Mitte des 14. Jahrhunderts gebaut und im 18. Jahrhundert in den Obergeschossen verändert. Erstmals urkundlich erwähnt wurde es 1359. Trotz des barocken Umbaus waren die mittelalterlichen Bügen im Erdgeschoss bis zur Zerstörung des Hauses noch deutlich zu sehen.

Das nun errichtete Erdgeschoss des Hauses zeigt an der Seite zur Neugasse allerdings historisch unkorrektes Fachwerk. Man sieht eine Ständerreihung, durchzogen von zwei waagerechten Riegeln. Die Ständer erscheinen zu schwach im Verhältnis zu den Riegeln. Es fehlt eine dort konstruktiv logische Einfügung der gebogenen Bügen.

Wie es zu solchen unfachgemäßen, nicht der Entstehungszeit der Häuser gerecht werdenden, Neuinterpretationen kommen konnte, erschließt sich dem interessierten Betrachter nicht. Womöglich war das beauftragte Architekturbüro überfordert oder desinteressiert an dieser wichtigen Arbeit. Dringend wäre ihm dann die Lektüre der Bücher der Fachwerkexperten Manfred Gerner und Heinrich Walbe ans Herz gelegt.

Ein weiteres Problem ist die Auswahl der Hölzer. So ist anhand veröffentlichter Fotos erkennbar, dass für die bisherigen Fachwerkkonstruktionen teils kein hochwertiges Eichenholz Verwendung gefunden hat, sondern stattdessen Nadelholz, das möglichenfalls späteren Sanierungsbedarf erzeugen wird.

Aufgrund dieser wenig historisch getreuen Fachwerkkonstruktion besteht nun die Gefahr, dass die für das Haus "Esslinger" zuständigen Architekten, die Denkmalkonzept GmbH aus Bad Nauheim, ähnliche Rekonstruktionsfehler bei anderen wichtigen Gebäuden des Areals begehen. Das Architekturbüro hat, laut der Internetseite der Dom-Römer GmbH, den Auftrag zum Wiederaufbau mehrerer wichtiger Häuser, darunter "Würzgarten" (Markt 28) und "Zur Flechte" (Markt 20), erhalten. Bei den nun folgenden Gebäuden und den Oberbauten der bereits in der Entstehung befindlichen Häuser sollte dringend auf die Qualität und die historisch getreue Fachwerkkonstruktion geachtet werden.
 

Marlis Lichtjahr

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