Herr Feldmann, das war herz- und würdelos!

Offener Brief an den Frankfurter Oberbürgermeister

Herr Feldmann, das war herz- und würdelos!
© R.B.

 
Frankfurt am Main, 3. Januar 2019

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am 20. Dezember 2018 wurden im Kaisersaal des Römers einer Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern die Römerplaketten in Gold, Silber oder Bronze überreicht. Diese Römerplaketten werden, wie es in den Verleihungsurkunden heißt, „in dankbarer Anerkennung“ für ein zehn-, fünfzehn- oder zwanzigjähriges „ehrenamtliches Wirken zum Wohle der Stadt Frankfurt am Main“ vergeben und vom Oberbürgermeister, also von Ihnen, im Namen des Magistrats unterzeichnet.

Für die meisten der geehrten Bürgerinnen und Bürger ist der Akt der Überreichung eine große Ehre, also auch ein besonderer Tag, auf den sie sich gefreut haben. Entsprechend sollte die Überreichung auch gestaltet werden, nämlich feierlich und würdevoll. Interesse daran müssten beide Seiten haben, die Geehrten wie die Ehrenden. Das gebietet allein schon der Ort der Feierlichkeit, Frankfurts beste Stube, der traditionsreiche Kaisersaal.

Es lag nicht an den Geehrten, vielen Frankfurtern mit großen Verdiensten und meist in höherem Alter, dass der Verlauf der Verleihung am 20. Dezember 2018 leider so unwürdig und peinlich verlief. Es lag einzig und allein daran, wie vom Protokoll und vor allem von Ihnen die Überreichung realisiert wurde. Das begann damit, dass Sie in Ihrer Begrüßungsrede nie den richtigen Ton für diese Feier trafen und die Rede gar noch dazu nutzten, um eine zukünftig größere Öffnung der Paulskirche für verschiedenste Veranstaltungen zu propagieren. Das mögen Sie machen, aber doch nicht bei dieser Gelegenheit!

Sehr überflüssig war auch Ihre ausführlich vorgeführte Kumpanei mit Ihnen politisch nahestehenden Kommunalpolitikern, die an diesem Abend ebenfalls ausgezeichnet wurden. Hat man, wie ich, nach vielen Jahren aktiver politischer Tätigkeit genügend Distanz gewonnen zu den eitlen Ritualen im Römer-Biotop, dann fällt einem dieses Getue der gegenseitigen Bestätigung vermuteter „Wichtigkeit“ besonders unangenehm auf. Doch all das hätte mich noch nicht zu diesem Schreiben veranlasst.

Vielmehr ist der Anlass dafür, in welcher Form gestandenen Frauen und Männern unserer Stadt die Römerplaketten verliehen wurden: Außer bei einigen aktiven Kommunalpolitikern wurde kein Name und kein Verdienst der Geehrten aufgerufen. Geht es noch würdeloser? Hat es nicht jeder einzelne der am 20. Dezember 2018 ausgezeichneten Frankfurter verdient, auch beim Namen und mit seiner jeweiligen Tätigkeit fürs Stadtwohl genannt zu werden? Oder war dem Protokoll oder Ihnen die Zeit zu schade, um ein Mindestmaß an persönlichem Respekt gegenüber jenen aufzubringen, die „zum Wohle der Stadt Frankfurt“ Kraft, Herzblut und nicht zuletzt sehr viel Zeit aufgebracht haben?

Auch diese offensichtliche Achtlosigkeit hätte mich als politisch abgehärteten Menschen wahrscheinlich noch nicht zu diesem offenen Brief an Sie, Herr Feldmann, provoziert, wäre da nicht jenes unglaublich demütigendes Schlange stehen der Geehrten gewesen, um sich einen Händedruck und Plakette samt Urkunde bei Ihnen oder dem Stadtverordnetenvorsteher abzuholen: Damen aus der Protokollabteilung forderten nämlich einzelne Sitzreihen mit zu ehrenden Personen auf, sich hintereinander aufzustellen, um so - in einer Warteschlange wie an der Bus- oder S-Bahnhaltestelle – der Überreichung zu harren.

Man stelle sich das vor: Da warteten die eigentlichen Hauptdarsteller der Feier wie brave Schafe hintereinander stehend in der Reihe, um anschließend von smart lächelnden Politikern ohne jedes Scham- und Stilgefühl im Schnellverfahren abgefertigt zu werden! So geht die Stadt Frankfurt am Main also mit verdienten Bürgerinnen und Bürgern um!

Ich habe das alles beobachten müssen, weil ich an diesem Abend ebenfalls zu den „Geehrten“ gehört habe. Doch im Gegensatz zu anderen war ich schon während der Feier nicht bereit, diese Demütigungen einfach hinzunehmen. Ich verweigerte mich dem Schlange stehen und sagte dem Stadtverordnetenvorsteher bei der Überreichung meiner Silberplakette, was ich von der Zeremonie hielt. Zwar gehöre ich zu denen, die sich nicht viel aus solchen Auszeichnungen machen. Doch lege ich zumindest Wert darauf, dass dies in angemessener Form stattfindet.

Es ist also nicht verletzte Eitelkeit, die mich diesen Brief an Sie, Herr Oberbürgermeister schreiben lässt. Sondern es ist die Empörung darüber, wie Frauen und Männer behandelt werden, von denen nicht wenige auf stille Art und Weise mehr für die städtische Gemeinschaft getan haben als gut dotierte Berufspolitiker wie Sie und andere.

Wenn dieser Brief dazu beitragen sollte, dass künftig die Überreichung von Römerplaketten in würdevoller Weise geschehen sollte, würde es mich für die künftig zu ehrenden Menschen aus unserer Stadt freuen.



Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Hübner

(Stadtverordneter von 2001 bis 2016 und politischer Initiator der lange Jahre von Ihnen abgelehnten Neuen Altstadt)

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