Frankfurt weiter auf Schuldenkurs

Haushaltsrede des BFF-Stadtverordneten Patrick Schenk

Frankfurt weiter auf Schuldenkurs
© Marvin800


In der Sitzung der Stadtverordneten am 8. November 2018 hat der Stadtverordnete Patrick Schenk für die Fraktion der Bürger Für Frankfurt – BFF kritisch auf den vom Magistrat eingereichten Entwurf für den Haushalt 2019 reagiert. Wir dokumentieren hier seine vollständige Rede:
 

Herr Vorsteher,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wenn hier der Kämmerer für Richtigstellungen das Wort ergreift, dann sind wir als Plenum natürlich immer sehr dankbar, denn wir wollen über Richtiges auch richtig diskutieren und debattieren können. Gleichwohl kann ich dem Kämmerer aber bei aller Wertschätzung eine gewisse Schärfe bei der Debatte der heutigen Haushaltseinreichung nicht ersparen. Denn dieser Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, trägt die Handschrift dreier Parteien, von denen sich wenigstens zwei in einem signifikanten Auflösungszustand befinden.

              (Heiterkeit)

Dementsprechend ist dieser Haushalt auch von einem sehr gefährlichen „immer so weiter wie bisher“ geprägt. Nun ist der Haushalt nacktes Zahlenwerk und daher müssen wir auch über die Zahlen reden, die in der Regel unerbittlich sind. Für den Ergebnishaushalt 2019 plant die Kämmerei mit ordentlichen Erträgen von gerundet 3,88 Milliarden Euro und mit ordentlichen Aufwendungen von 4,03 Milliarden Euro. Das macht im vorläufigen Ergebnis das heute schon viel gehörte Minus von etwas mehr als 164 Millionen Euro. Ein Vergleich mit dem schon abgeschlossenen Ergebnishaushalt des Jahres 2017 zeigt Folgendes: Die ordentlichen Erträge steigen in diesen zwei Jahren um 295,8 Millionen Euro, das sind gerundet stolze 8,26 Prozent, und die ordentlichen Aufwendungen steigen im Vergleich zu 2017 um 246,8 Millionen Euro. Das ist eine Steigerung um gerundet 6,52 Prozent auf jetzt eben über vier Milliarden Euro. Dieses Jahresergebnis vermindert folglich nur deshalb das Minus von knapp 200 Millionen Euro im Jahr 2017 auf die nun geplanten 164 Millionen Euro für 2019, da die Erträge etwas schneller wachsen als die Aufwendungen. Sie kürzen und sparen also nicht, sondern geben wieder nur etwas weniger Geld aus als tatsächlich hinein kommt. Sie bleiben Ihrem Grundsatz treu: Wir machen so weiter wie bisher.

Die Verschuldung der Stadt Frankfurt wird fortgesetzt, ganz im Gegenteil zu vielen anderen Kommunen in Hessen, die auf einem besseren Weg sind. Nicht nur das, der Kollege Dr. Rahn hat die Stadt Düsseldorf angesprochen, auch die Rücklagen werden weiter aufgebraucht. Das Defizit wird unweigerlich größer. Nur aufgrund von drei Faktoren, nämlich der noch vorhandenen finanziellen Rücklagen, der extrem niedrigen Zinsen und der immer noch sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen gerät die Finanzsituation der Stadt Frankfurt noch nicht vollends aus den Fugen. Wenn sich allerdings nur einer dieser drei finanzpolitischen Parameter verändert, steht die Stadt Frankfurt und damit die gesamte Stadtgesellschaft vor einem gewaltigen Problem.

Da sind wir bei dem Thema kommunaler Finanzausgleich. Sie beklagen auf der einen Seite ein strukturelles Defizit und auf der anderen Seite hohe Abgaben durch den neuen kommunalen Finanzausgleich. Doch solange die Stadt Frankfurt nicht bereit ist, einen Plan gegen ein grenzenloses Stadtwachstum zu entwickeln und auch wirkliche Kosteneinsparungen anzugehen, so lange wird dieses strukturelle Defizit erhalten bleiben, und nicht nur das, es wird weiter wachsen. Die vielen kleinen bis mittelgroßen Partikularinteressen der ach so lieb gewonnenen jeweiligen Wählerklientel müssen auf Ihren Prüfstand, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition.

               (Beifall)

Ich frage mich, wann wenn nicht jetzt ist dazu die beste Gelegenheit, wo Ihnen doch die Wählerinnen und Wähler in Scharen davonlaufen. Für wen machen Sie es denn, wenn Sie von denen eh nicht mehr gewählt werden.

               (Beifall)

Oft wird von der Koalition der soziale Zusammenhalt in dieser Stadt bemüht. Das ist kein witziges Thema. Eine Stadtgesellschaft lebt vom sozialen Frieden in ihren Stadtmauern. Wir leisten uns unzählige freie Träger in den Bereichen der sogenannten sozialen Daseinsvorsorge und auch der Kulturlandschaft. 2.500 Wohnungslose wurden im vergangenen Jahr in Hotels und privaten Unterkünften untergebracht. Die Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern sowie die teilweise damit verbundenen Kosten für die Unterbringung in Hotels steigen kontinuierlich an. Der Kollege Dr. Rahn hat gesagt, dass uns das in vertraulichen Berichten mitgeteilt wurde.

Die immens teure Zukunft der Städtischen Bühnen ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig ungewiss. Kosten für unsere Kliniken in Höchst aufgrund der Fusion sind im Endergebnis noch nicht genau absehbar. Kosten für die Stadtentwicklung, die Grünpflege und die Renaturierung sowie ganz wichtige straßenverkehrliche Projekte, die eine dringende Entlastung extremer Knotenpunkte bedeuten, sind weitgehend auf ganz enge Kante genäht. Kosten für sogenannte linksextreme Zentren, die Immobilien sind uns hier allen bekannt und ich muss sie nicht nennen, werden billigend in Kauf genommen. Ein neues, schon jetzt von den Bürgern vor Ort ungewolltes Baugebiet, ist von seiner finanziellen Tragweite her ebenfalls völlig undurchschaubar.

Der Kämmerer sprach die Regionaltangente West an. Die ist richtig und gut. Und auch die Planung für eine Regionaltangente Ost sollte schnellstmöglich kommen. Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines ist uns doch allen klar: Wenn die Stadt Frankfurt am Main jetzt auf den Zuspruch der Region und damit auf unsere Nachbarn aufbauen will und gleichzeitig aber beim kommunalen Finanzausgleich sagt, das kostet uns alles zu viel Geld, dann stimmt in diesem Gefüge etwas nicht.

               (Beifall)

So kann man keine vertrauenswürdige Politik machen. Etwas amüsiert habe ich mich über das Entdecken unseres Zoos als das Kultur- und Integrationsprojekt unserer Stadt. Das ist es in der Tat absolut, nur ist es hochgradig interessant, dass die SPD das jetzt entdeckt.

               (Beifall)

Meine Fraktion war mehrmals im Zoo und hat auch mit dem Zoodirektor gesprochen. Dort gibt es Gehege, die 130 Jahre alt und gerade noch mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sind. Aber wirklich am Rande, man könnte auch anders urteilen. Dann frage ich mich, woher kamen denn in der Vergangenheit die Kulturdezernenten? Ina Hartwig ist entschuldigt, sie ist noch nicht so lange im Amt. Davor war es Felix Semmelroth, CDU, vormals SPD. Ich erinnere mich noch an Ernst Bernhard Nordhoff, SPD, Linda Reisch, SPD, warum erkennt die SPD das jetzt in diesem Haushalt und nicht schon früher?

               (Beifall)

Es tut mir leid, aber das ist nicht glaubwürdig. Die Gewerbesteuerzahlung des größten Gewerbesteuerzahlers der Stadt, immerhin circa 200 Millionen Euro pro Jahr, drohen aufgrund des größer werdenden Drucks auf den Gewinn, kleiner zu werden. Potenzielle Auswirkungen auf diesen und die kommenden Haushalte der Stadt bleiben vom Kämmerer bisher unerwähnt und somit unklar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den sozialen Frieden mithin in unserer Stadt, den gefährden doch nicht diejenigen, die auf eine solide Haushaltspolitik mit der Notwendigkeit des Einsparens in ganz kleinen Schritten hinweisen. Den sozialen Frieden in dieser Stadt gefährden doch Sie, mit Ihrer stetigen Politik des „weiter so wie bisher“. Das ist doch die Tatsache.

               (Beifall)

Irgendwann werden Sie nicht umhin kommen, schmerzhafte Einschnitte vorzunehmen, …

               (Zurufe)

… wenn Sie die Verschuldung nicht ins Unermessliche steigern wollen, was die Alternative dazu ist. Das können Sie machen. Nur dann wissen Sie ganz genau, sitzt Ihnen der Innenminister im Nacken und wird diesen Haushalt wahrscheinlich nicht mehr genehmigen. Dann werden diese heftigen Einschnitte viel schmerzlicher und zu sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen führen, als die heute unterlassenen kleinen Regulierungen es jemals bedeuten würden. Aber dann werden wir uns hier wiedersehen, Ihre Ausführungen zur Kenntnis nehmen und definitiv nicht unkommentiert lassen.

Vorgestern haben die sogenannten Wirtschaftsweisen die Erwartungen an das nationale Wirtschaftswachstum deutlich nach unten korrigiert. Doch das Minus im sogenannten Konzern Stadt wächst von 80 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 124 Millionen Euro im Jahr 2017 an. Das ist immerhin eine Steigerung von mehr als 50 Prozent. Unter dieser Berücksichtigung scheint es dann nicht mehr unwahrscheinlich, dass der jetzt schon defizitäre Haushalt vom hessischen Innenminister im Hinblick auf seine Genehmigungsfähigkeit noch viel genauer unter die Lupe genommen wird.

Was sich auf Bundes- und Landesebene abzeichnet, scheint sich in den Städten und Gemeinden fortzusetzen und zu bewahrheiten. Von CDU und SPD geführten Stadt- und Gemeinderegierungen fehlt es an Mut, an Ideen und an der nötigen Kraft, die vor uns liegenden Probleme zu lösen. Es wird daher höchste Zeit, spätestens bei den nächsten Wahlen, politische Verantwortung in solidere Hände zu legen.

Lassen Sie mich zum Abschluss versöhnlich werden. Natürlich danken auch wir von der BFF-Fraktion der Kämmerei und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Erstellung dieses Haushaltsentwurfs. Wir freuen uns nun auf die zahlreichen Einsparungsanträge der Regierungskoalition, die sicherlich dazu führen werden, hier doch noch einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden zu können. Wer es glaubt, wird selig.
 

Vielen Dank!
 

               (Beifall)

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