Überfällige Frankfurter Erinnerung an „Heidi“

Ein Denkmal für die weltweit bekannte Romanfigur

Überfällige Frankfurter Erinnerung an „Heidi“


Im ausgehenden 19. Jahrhundert erschuf die Schweizer Autorin Johanna Spyri (1827–1901) die mittlerweile weltbekannte Romanfigur "Heidi". Ein Grund, auch in Frankfurt dieser Figur zu gedenken, haben die Romane doch viel mit der Messestadt am Main zu tun.

Die beiden Kinderbücher "Heidis Lehr- und Wanderjahre" und "Heidi kann brauchen, was es gelernt hat" wurden 1880 und 1881 veröffentlicht. In "Heidis Lehr- und Wanderjahre" wird die Geschichte des Waisenmädchens Heidi erzählt, die erst bei ihrem einsiedlerischen Großvater, dem Almöhi, in einer Berghütte Aufnahme findet. Dort lernt sie den elfjährigen Ziegenhirten Geissenpeter kennen. Schließlich aber erscheint ihre Tante Dete, die als Heidis Vormund agiert und als Dienstmädchen in Frankfurt am Main arbeitet. Dete nimmt Heidi mit nach Frankfurt, wo sie in einem gutbürgerlichen Haushalt die Gesellschafterin der gelähmten Klara Sesemann wird.

Spyris Romane wurden rasch zu einem Welterfolg. Sie wurden in über 50 Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt, sowohl als Zeichentrick- wie Realfilme. Hinzu kamen Serien und Musicals. Ein großer Teil der Romanhandlung spielt in Frankfurt. Auf diese Weise dürfte die Stadt ein Begriff für ein internationales Publikum geworden sein. Höchstwahrscheinlich gelang Spyri dadurch die am weitesten verbreitete Erwähnung Frankfurts in der Literatur. Auch wenn die Stadt insofern nicht positiv wegkommt, weil das Schweizer Almmädchen hier von Sehnsucht und Einsamkeit verzehrt wird und unter dem strengen Regiment des Hauses Sesemann zu leiden hat.

Obwohl das in der Altstadt angesiedelte Sesemannsche Haus als fast das schönste in ganz Frankfurt beschrieben wird, leidet das Mädchen darunter, beim Blick aus den Fenstern nicht Himmel und Erde sehen zu können: "Aber Heidi fand nicht, was es suchte. Es lief von einem Fenster zum anderen und dann wieder zum ersten zurück; aber immer war dasselbe vor seinen Augen, Mauern und Fenster und wieder Mauern und dann wieder Fenster. Es wurde Heidi ganz bange." Allerdings lernt Heidi in Frankfurt auch den Sprung aus der gesellschaftlichen Rückständigkeit. Sie lernt lesen, beten und Kirchenlieder singen. "Heidi kann brauchen, was es gelernt hat", schrieb Spyri 1881 in der Fortsetzungsgeschichte.

Aus einen der Fenster, so wird beschrieben, haben sie einen hohen Kirchturm "mit der goldenen Kugel oben drauf" gesehen. Es könnte der Turm der Katharinenkirche damit beschrieben sein. Auf dem Weg dorthin verirrt sie sich, wird aber von einem Straßenjungen mit einer Drehorgel zum Dom geführt. Mit dem Turmwächter geht sie auf dessen Turm, doch statt der Alpen sieht sie nur "auf ein Meer von Dächern, Türmen und Schornsteinen nieder".

Auf diese Weise konstruierte Johanna Spyri den Kontrast zwischen der Schweizer Alpenwelt und einer großen deutschen Bürgerstadt. Ob die Autorin jemals in Frankfurt war, ist nicht ganz gesichert. Womöglich aber kannte sie die Stadt von der Durchreise. Inspiriert aber dürfte sie von den Schilderungen Goethes gewesen sein, dessen "Dichtung und Wahrheit" ihr geläufig war. Möglichenfalls, so wird von der Forschung jedenfalls gemutmaßt, ist das Haus Sesemann eine Ableitung des Wohnhauses der Bankiersfamilie Schönemann am Kornmarkt (heute Buchgasse). Aus diesem stammte Lili Schönemann, Goethes Verlobte.

In der Schweiz wird "Heidi" im öffentlichen Raum verehrt. Oberhalb von Maienfeld in Graubünden existiert ein "Heididorf".

Dort kann man einen besonderen Wanderweg ablaufen und ein "Heidihaus" besuchen, in dem die Geschichte der Romanfigur erklärt wird. Es gibt eine Poststelle, bei der Philatelisten einen Heididorf-Sonderstempel ergattern können. In Maienfeld existieren auch ein "Heidi"-Brunnen und ein "Heidi"-Denkmal.

Anders sieht es beim zweiten Schauplatz der Romanhandlung aus. Zwar existiert mittlerweile ein kleiner Johanna-Spyri-Weg in der Riedberg-Siedlung. Doch an "Heidi" erinnert sonst gar nichts in Frankfurt. Im Rahmen der von der Stadt Frankfurt initiierten "Dialogplattform 2030", in der Bürger bis zum Juli 2016 ihre Zukunftsideen für Frankfurt äußern konnten, wurde auch der Wunsch nach einem "Heidi"-Denkmal in Frankfurt geäußert.

Die Bürger Für Frankfurt – BFF finden, dass dies eine reizvolle Idee ist. Eine kleine Erinnerungsstätte an die Romanfigur, die den Namen Frankfurt womöglich am bekanntesten in der weiten Welt gemacht hat, würde sicher auch ein kleiner touristischer Anziehungspunkt werden können. Der Vertreter der BFF im Ortsbeirat 1, Andreas Eberbach, hat daher einen Antrag eingebracht, in dem der Magistrat dazu aufgefordert wird, einen geeigneten Standort in der Frankfurter Innenstadt zu suchen, auf dem ein solches "Heidi"-Denkmal seinen Platz finden kann.


Marlis Lichtjahr

Leserkommentare (0)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.