Der neue Sonnenkönig im Römer

OB-Feldmann hat merkwürdige Helden und Ideen

Der neue Sonnenkönig im Römer
© Marvin800


Nachdem es dem SPD-Politiker Peter Feldmann auch aufgrund einer völlig ungeeigneten CDU-Kandidatin gelungen ist, die Oberbürgermeister-Wahl im März bei geringer Wahlbeteiligung überaus deutlich für sich und eine zweite Amtszeit zu entscheiden, hat er nun ausreichend Zeit, am eigenen Ruhm und Prestige zu basteln.

Der erste Streich dieser zweiten Amtszeit war die Heiligsprechung der 68er-Bewegung. Feldmann ist zwar zu jung, um sich selbst als 68er brüsten zu können, aber immerhin wollte er auch schon in Kindheitsjahren nicht abseits des neuen Zeitgeistes stehen und trat bereits 1969 in die Organisation "Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken" ein.

Im Rahmen eines mehrstündigen Stadtrundgangs mit Journalisten erklärte Feldmann nun zum 50-jährigen Jubiläum salopp über die Revolte von 1968: "Wir können sehr stolz sein auf diese Geschichte." Und jene verglich Feldmann einfach mal mit dem "Widerstandsgeist", der ja schon in Frankfurt zur Zeit der preußischen Besetzung nach 1866 geherrscht habe. Den 68er-Veteranen Daniel Cohn-Bendit kürte Feldmann in diesem Zusammenhang sogleich noch zu einem "Helden der Bewegung".

Zwar gibt es in Frankfurt für diesen neuen Ehrentitel noch keine passende Urkunde oder Medaille, aber möglichenfalls war er auch primär als Dank für den Aufruf zur Wahl Feldmanns gedacht, den "der rote Dany" im Februar tätigte. Bemerkenswert daran ist, dass Feldmann gegenüber der Presse offenbar nicht sonderlich ausgiebig auf die Opfer von 1968 und dem sich daraus entwickelnden Zeitgeist eingegangen ist. Kein Wort findet sich jedenfalls in der Presse in diesem Zusammenhang von den seinerzeitigen Gewaltakten beispielsweise gegen Polizisten.

Ebenfalls erschien keine Silbe zu den 1968 unter anderem durch Andreas Baader und Gudrun Ensslin verübten Brandanschlägen auf die beiden Frankfurter Kaufhäuser M. Schneider und Kaufhof, bei denen erheblicher Sachschaden unter Inkaufnahme der Gefährdung von Menschenleben entstand. Erst recht kein Wort erschien über die späten faulen Früchte der 68er-Revolte, zu denen die "Rote Armee-Fraktion" (RAF) mit zahlreichen Morden zählte.

Die falschen Heldenmythen der Vergangenheit dienen heute der Legitimation der Macht jener Alt- und Post-68er, die den "Marsch durch die Institutionen" erfolgreich absolviert haben und nun wahlweise auf Chef- oder Oberbürgermeistersesseln gelandet sind. Und damit die eigene Position auch ausgiebig genossen werden kann, bedarf es auch gewisser Prestigeprojekte. Nun ist gegen Prestige an sich nichts zu sagen. Wohl aber ist die Frage erlaubt, welchen Nutzen Prestigeprojekte für die Allgemeinheit haben, wenn der Steuerzahler für sie aufkommen soll.

Peter Feldmann, der Nachgeborene, hatte nun eine Idee. Als einzige deutsche Stadt, abgesehen von den Stadtstaaten Hamburg und Bremen, soll Frankfurt ab 1. Juli 2018 in der Bundeshauptstadt Berlin eine ständige Vertretung unterhalten. Ziel dieser neuen Institution soll die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Frankfurter und Berliner Einrichtungen sein. Außerdem sollen die Kontakte zum Deutschen Städtetag gestärkt werden.

Es darf die Frage gestellt werden, weshalb es nicht weiterhin möglich ist, Berliner Institutionen und den Deutschen Städtetag durch Telefonanrufe, E-Mails, Briefe und temporäre Besuche für Kooperationen gewinnen zu können. Worin liegt der Mehrwert einer ständigen Vertretung für Frankfurt? Die Kosten liegen immerhin auf der Hand. Der bisherigen Büroleiter des Oberbürgermeisters, Martin Wimmer, soll nach Berlin ziehen und die dortige Stelle besetzen. Dabei soll es kein festes Büro als Anlaufstelle geben, sondern die Repräsentanz soll, laut Presseangaben, aus flexibel genutzten Räumen, zum Beispiel in modernen "Coworking Offices", bestehen. Bezahlt werden Wimmer und weitere Ausgaben aus dem Etat des Oberbürgermeisters.

Das war dann selbst in der ganz großen Römer-Koalition von CDU, SPD und Grünen einigen zu viel. Die CDU verwies darauf, dass Feldmann seinen ihm bisher zustehenden Einfluss beim Deutschen Städtetag nicht ausreichend nutze. Zudem sei sein Vorgehen eigenmächtig und haushaltsrechtlich zweifelhaft. Bei den "Grünen" wurde verlautbart, dass Feldmann einen "alten Buddy" nun einfach zum "Frühstücksdirektor" mache. Die FDP sprach von "absolutistischen Zügen" und verglich Feldmann mit den französischen "Sonnenkönig" Ludwig XIV.

Angeblich soll Wimmers Aufgabe darin bestehen, in Zukunft Fördergelder für Frankfurt zu besorgen. Daran wird seine Arbeit zu messen sein. Es gilt genau zu beobachten, ob wirklich wahrnehmbar mehr Fördergelder in den kommenden Jahren für Frankfurt an Land gezogen werden als in der Vergangenheit. Ebenso die Qualität dieser Fördergelder, also den Nutzen für Frankfurt. Und ob dieses Mehr an Fördergeldern auch den Etat der neuen Hauptstadtniederlassung übersteigt. Alles andere wäre ein Minus-Spiel, und der Oberbürgermeister müsste sich dann möglichenfalls mit der Bitte um Spenden bei den meist sehr gut altersversorgten "Helden" der 68er-Bewegung melden, damit der Stadt kein finanzieller Schaden erwächst.
 

Marlis Lichtjahr

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