HEIMAT - mehr als nur ein Begriff

Gedanken eines besorgten Kommunalpolitikers

HEIMAT - mehr als nur ein Begriff
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Für den Begriff Heimat scheint es keine vereinheitlichte Bedeutung zu geben. Sicherlich beinhaltet er aber die Beziehung von Menschen zu Räumen, in welchen von frühester Kindheit herrührende Sozialisationserlebnisse stattfinden und in besonderem Maße Identität, Charakter, Mentalität und wohl auch Weltanschauung geprägt werden. Wenn man sich darauf verständigen kann, ist der Heimatbegriff ein wesentlicher Begriff, der es verdient, auf höchster Regierungsebene und damit auch in einem Bundesministerium Erwähnung zu finden.

Dem oben genannten Definitionsversuch von Heimat folgend, heißt dies konkret, dass Menschen in ihrer Heimat, die gleiche Sprache sprechen, die gleichen Feste feiern, die gleichen Umgangs- und Höflichkeitsformen pflegen, wohl auch die gleichen Lokalitäten aufsuchen und die gleichen Rückzugsmöglichkeiten und Ruhephasen in gegenseitiger Wertschätzung respektieren. Heimat ist somit der Aufenthaltsraum mehr oder weniger sich in vielerlei Hinsicht ähnelnder Menschen.

In Hessen sitzen die hessisch babbelnden Leut bei Handkäs und Äbbelwoi und besuchen in Heddernem ihren Klaa-Pariser-Fastnachtsumzug. In Bayern sitzt man bei Weißbier und Brezeln oder Weißworscht und schimpft bisweilen über die ‚Sau-Preißen‘ im Norden. Und im Norden gibt’s ein herbes Pils bei dem es sich herrlich über die Lederhosen im Süden lästern lässt. In der Heimat versteht man sich, vertraut sich mehr als in der Fremde und scheut sich dennoch nicht, ein paar hundert Kilometer zu den doch noch gleichsprachigen Nachbarn zu fahren, weil auch dort, die gleichen Umgangsformen herrschen, man mit demselben Handschlag begrüßt wird, wie daheim und die Kirchturmglocke zum Mittag läutet.

Heimat ist somit über Jahrhunderte geprägte Monokultur, die aufgrund ständiger Wanderungs- und Wandelungsprozesse der Menschheit immer wieder neue Befruchtungen erfährt. Wenn Heimat aber das Bekannte, Vertraute und eine über Generationen geprägte Sozialisation ist, kann sie zwangsläufig nicht das Fremde, Unbekannte, sozial-gesellschaftlich Differente sein.

Ich selbst bin in Baden-Württemberg geboren und über Bonn nach Frankfurt am Main gekommen. Seit über 45 Jahren lebe ich mit kurzen Unterbrechungen in meiner Heimatstadt Frankfurt am Main. Auch als sogenannter „Eingeplackter“ bin ich Frankfurter und fühle mich dieser Stadt zugehörig und verpflichtet zugleich. Einer meiner älteren Brüder ist öfter umgezogen als ich und hat 1980 beschlossen, „seine Heimat Deutschland“ zu verlassen. Ganz bewusst wanderte er 1981 in die USA aus und ist US-amerikanischer Staatsbürger geworden. Er lebt seither im Wechsel in zwei US-Staaten an der Ostküste. Er spricht fließend englisch, geht einer geregelten Arbeit nach, zahlt seine Steuern, ist mit einem Mann verheiratet sowie ‚glühender‘ Republikaner und – o Wunder – Trump-Wähler. Seine Heimat sind die Vereinigten Staaten von Amerika geworden.

Diese Vereinigten Staaten, in die er vor fast dreißig Jahren bewusst immigriert ist, haben sich jedoch genauso grundlegend verändert, wie das Deutschland, in dem ich geboren wurde. In Florida hört man mehr spanisch als englisch und Tapas werden öfter verkauft als Burger. Das Migrantenwirrwarr und die bisweilen homogene Zuwanderung führen keineswegs mehr zu einer amerikanischen Identität, sondern zu Segregation, Entfremdung und gnadenloser Spaltung. Nicht anders ist es in den großen Städten Deutschlands.

Die unterschiedlichsten arabischen sowie zumeist ost- und südeuropäischen Sprachen haben das mir aus Kindertagen noch im Ohr liegende Frankfurter Gebabbel abgelöst. Kopftuch-tragende Frauen und Kaftan-tragende, zumeist vollbärtige Männer umgeben mich in überdurchschnittlich hohem Maße. Döner dienen weitaus häufiger zum schnellen Verzehr als Frankfurter Würstchen oder eine Fischsemmel. Kurzum: Frankfurt ist nicht mehr meine Heimat. Alles, was meine Identität, meine Mentalität und meinen Charakter geprägt haben und mich zum Frankfurter haben werden lassen, ist dahin. Verschwunden. Aufgelöst.

Und die Neubürger, die ihre Heimat verlassen haben…? Sind sie hier in einer neuen Heimat angekommen? Die Antwort lautet ganz klar: Nein. Sie haben die Bräuche, Gewohnheiten, ihre Religion und ihre Weltanschauung mitgebracht. Daheim fühlen sie sich dennoch nicht. Sie hatten ohnehin nie ein Interesse am Fasching, am Pfingstfest, an traditionellen Trachten oder gar an Weihnachten. Die jungen Marokkanerinnen oder Algerierinnen, die hier in der dritten Generation mit deutschem Pass geboren wurden, sprechen bisweilen besser arabisch als deutsch und werden mit ihnen zu meist unbekannten Männern aus der ‚alten Heimat‘ verheiratet.

Die jungen Männer der dritten Generation spielen in zumeist marokkanischen oder türkischen Fußballvereinen. Sie fiebern bei der Fußball-WM mit ihren ursprünglichen Herkunftsländern mit und träumen eher von internationalen Erfolgen Galatasaray Istanbuls als Eintracht Frankfurts. In den immer weniger werdenden, ursprünglichen Äbbelwoi-Kneipen findet man sie nicht, wohl aber in deren Umgebung, in der sich zunehmend Wettbüros oder Glücksspielkneipen ansiedeln.

Wessen Heimat ist Frankfurt dann noch, wenn es nicht mehr die Heimat der hier seit Generationen Lebenden sowie der neu Hinzugekommenen ist? Frankfurt ist die Heimat von niemandem mehr! Das ist ein Erfolg derjenigen, die mit dem Begriff Heimat, so wie er oben beschrieben ist, ohnehin nie etwas anfangen konnten.

Es sind diejenigen, die mir immer erzählt haben, dass ein buntes Sammelsurium an Vielfalt besser und gesünder ist, als ein krankes immer so weiter an Einfalt. Es sind diejenigen, die nie den Mut oder das nötige Geld hatten, als echte Globetrotter die Welt zu bereisen und sich daher die Welt nach Hause geholt haben, in der Hoffnung, die bunte Vielfalt würde alles schöner und besser machen. Es sind diejenigen, die mit dem Begriff Heimat nur völkischen Rassismus verbinden und die deutsche Geschichte auf zwölf Jahre reduzieren. Es diejenigen, die Ihre eigene, zumeist deutsche Herkunft hassen und in der bunten Vielfalt Erlösung zu finden glauben. Es sind diejenigen, die den Begriff Heimat zweckentfremden und ihn internationalistisch und sozialistisch umdefinieren: „Jeder ist Ausländer überall“ und „Kein Mensch ist illegal“. Es sind die Zerstörer der Heimat, der hier Lebenden und die Verhinderer einer neuen Heimat, für die hierher Kommenden.

Wenn nun also ein ehemaliger bayerischer Ministerpräsident Bundesminister eines Heimatministeriums werden möchte, ist unter Berücksichtigung der oben genannten Definition von Heimat und seiner persönlichen Herkunft ziemlich klar, welche Aufgabe vor ihm liegt. Obwohl ich bezweifele, dass er dieser Aufgabe gerecht werden wird, wünsche ich ihm dafür doch viel Glück und Gottes Segen. Er wird beides händeringend brauchen!
 

Patrick Schenk
(Fraktionsvorsitzender der Bürger Für Frankfurt im Römer)

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